Thursday, March 23, 2017

Superfood Roher Kakao




Wenn Azteken und Maya angeführt werden bei einem Superfood, dann muss man vorsichtig sein, um nicht selbst angeführt zu werden. Schade, dass Äpfel nicht auch Nahrung der Götter genannt wurden, dann hätten wir jetzt viel weniger Hype um Superfoods. Selbst wenn roher Kakao reich an Antioxidantien ist, so ist er darin nur eins von vielen Nahrungsmitteln. Die Nahrung der Götter war alles andere als „purer Genuss und Glücksgefühle“ (1), denn der Trank war bitter. So bitter, dass Schokolade als Fastenspeise während der Fastenzeit zugelassen wurde. Papst Pius V. (1566-1572) zu Xocoatl: „Potus iste non frangit jejunium" [Dieses Getränk bricht das Fasten nicht].
Ich lese (2): „Je roher die Kakaobohne in einem Schokoladenprodukt ist, desto wertvoller sind die darin enthaltenden Nährstoffe.“ Also je schwangerer die Frau, desto …? Mein lieber Schwan, Schwaner, am Schwansten! Ich meine, hier müssen wir sehr genau hinschauen.
Roher Kakao kostet etwa 3-6 € pro 100 g.

Was ist drin in rohem Kakao?
„Roher Kakao bringt es auf einen beeindruckenden Gehalt von 160 Milligramm Calcium pro 100 Gramm“, also genauso wie 100 g Grünkohl.
„Roher Kakao liefert 7,3 Milligramm Eisen pro 100 Gramm“, also ungefähr so wie Linsen.
„Roher Kakao liefert uns einfache ungesättigte Fettsäuren.“ Ja, so falsch ist das nicht, aber es sind auch um die 60% gesättigte Fettsäuren im Kakao, denn damit erst kann man Schokolade herstellen.
Ist roher Kakao überhaupt roh? Nein! Ein wenig Fermentierung und Erhitzung bis 42° C wird ihm schon zugemutet. Dr. Silke Elwers (3): „Was allerdings den aktuellen Forschungsstand betrifft, ist der Unterschied zwischen roher Schokolade und herkömmlicher Schokolade mit hohem Kakaoanteil nicht besonders groß.“ Trotzdem, weniger verarbeitet heißt schon, dass mehr vom ursprünglichen Gehalt im rohen Kakao drin ist. Und Kakaopulver ist natürlich noch weniger bearbeitet als Schokolade. Hierzu gibt es einen Wikipedia Artikel auf Englisch (4): „Claimed[citation needed] to have health benefits and potential as a superfood (although the term "superfood" is a marketing ploy, as they do not actually exist[2][3][4]), it represents a fast-growing segment of the chocolate industry.”
Den höchsten Anteil macht die Kakaobutter aus (5): 54,0%. Es folgen Eiweiß (11,5%), Zellulose (9,0%), Stärke und Pentosane (7,5%), Gerbstoffe (6%), Wasser (5%), Mineralstoffe und Salze (2,6%), organische Säuren und Geschmacksstoffe (2,0%), Theobromin (1,2%), verschiedene Zucker (1,0%) und Koffein (0,2%). Man schätzt die Anzahl der Inhaltsstoffe auf über 300.  Hier sind einige davon: Anandamid, Dopamin, Epicatechin, Flavonoide, Histamin (schlecht für Menschen mit Histamin Unverträglichkeit), Magnesium, Phenylethylamin, Polyphenole, Salsolinol, Serotonin, Tryptophan, Tyramin. und weitere mehr.

Gesundheitliches 
„Eine Untersuchung, der auf den Panama San Blas Inseln lebenden Kuna-Indianer ergab, dass aufgrund des regelmäßigen Verzehrs eines aus gerösteten Kakaobohnen entstandenen Getränkes, der Blutdruck der gesamten dort lebenden Bevölkerung niedrig war.“ Das könnte aber auch andere Gründe haben: z.B. mehr Bewegung, weniger Kalorien, Fisch in der Nahrung, mehr Ballaststoffe, weniger Stress. Andererseits gibt es eine Metaanalyse von K. Ried und Kollegen (6). Die Autoren kommen zu dem Ergebnis: „Flavanol-rich chocolate and cocoa products may have a small but statistically significant effect in lowering blood pressure by 2-3 mm Hg in the short term.” Die Frage bleibt offen, ob dieser geringe Effekt auch dauerhaft besteht.
„Roher Kakao beugt Herzkrankheiten vor“. Das wird geschlossen aus dem Gehalt an Flavonoiden und einer verminderten Thrombozyten-Aggregation, also einer Behinderung der Blutgerinnung, so dass es zu weniger Blutgerinnseln käme.
Eine Verbesserung bei Alzheimer-Demenz wird beschrieben. Ich habe die Studie von G. Desideri und Kollegen (9) sehr kritisch gelesen, denn sie wurde von Mars gesponsert, aber ich konnte in Design und Durchführung keinen Fehler finden. Die Autoren schlossen: „To the best of our knowledge, this is the first dietary intervention study demonstrating that the regular consumption of cocoa flavanols might be effective in improving cognitive function in elderly subjects with mild cognitive impairment. This effect appears mediated in part by an improvement in insulin sensitivity.” Daraus folgt allerdings nicht, dass Gesunde eine Verbesserung ihrer Hirnleistungsfähigkeit durch rohen Kakao erfahren.

Superfood oder nicht? 
Ich sehe erst einmal einen wahnsinnigen Hype. Wenn roher Kakao in größeren Mengen konsumiert wird, nimmt man auch Kalzium und Magnesium auf. Das kann man mit einheimischer Nahrung deutlich preiswerter erreichen. Werden allerdings nur geringe Mengen konsumiert, dann nimmt man sowieso nur geringe Mengen davon auf. Antioxidantien sind vorhanden und vielleicht werden weitere Studien einen gesundheitlichen Zugewinn durch Flanonole aus Kakao für bestimmte Erkrankungen nachweisen. Das macht den rohen Kakao aber zum Rohstoff für Ernährungsmedizin für Erkrankte, aber nicht zum Superfood für Gesunde.
Auch wenn ich kein Superfood in rohem oder verarbeiteten Kakao sehe, will ich Ihnen den Konsum nicht ausreden. Schauen Sie aber nach, ob der Cadmium-Gehalt verraten wird, denn der könnte zu hoch sein.

Links:


Weitere Bewertungen von Superfoods unter dem Stichwort "Superfoods" hier auf diesem Blog.

.

No comments:

Post a Comment