Wenn Azteken und Maya angeführt
werden bei einem Superfood, dann muss man vorsichtig sein, um nicht selbst
angeführt zu werden. Schade, dass Äpfel nicht auch Nahrung der Götter genannt wurden, dann hätten wir jetzt viel
weniger Hype um Superfoods. Selbst wenn roher Kakao reich an Antioxidantien ist,
so ist er darin nur eins von vielen Nahrungsmitteln. Die Nahrung der Götter war
alles andere als „purer Genuss und Glücksgefühle“ (1), denn der Trank war
bitter. So bitter, dass Schokolade als Fastenspeise während der Fastenzeit
zugelassen wurde. Papst Pius V. (1566-1572) zu Xocoatl: „Potus iste non frangit
jejunium" [Dieses Getränk bricht das Fasten nicht].
Ich lese (2): „Je roher die
Kakaobohne in einem Schokoladenprodukt ist, desto wertvoller sind die darin
enthaltenden Nährstoffe.“ Also je schwangerer die Frau, desto …? Mein lieber
Schwan, Schwaner, am Schwansten! Ich meine, hier müssen wir sehr genau
hinschauen.
Roher Kakao kostet etwa 3-6 € pro
100 g.
Was ist drin in rohem Kakao?
„Roher Kakao bringt es auf einen
beeindruckenden Gehalt von 160 Milligramm Calcium pro 100 Gramm“, also genauso
wie 100 g Grünkohl.
„Roher Kakao liefert 7,3
Milligramm Eisen pro 100 Gramm“, also ungefähr so wie Linsen.
„Roher Kakao liefert uns einfache
ungesättigte Fettsäuren.“ Ja, so falsch ist das nicht, aber es sind auch um die
60% gesättigte Fettsäuren im Kakao, denn damit erst kann man Schokolade
herstellen.
Ist roher Kakao überhaupt roh?
Nein! Ein wenig Fermentierung und Erhitzung bis 42° C wird ihm schon zugemutet.
Dr. Silke Elwers (3): „Was allerdings den aktuellen Forschungsstand betrifft,
ist der Unterschied zwischen roher Schokolade und herkömmlicher Schokolade mit
hohem Kakaoanteil nicht besonders groß.“ Trotzdem, weniger verarbeitet heißt
schon, dass mehr vom ursprünglichen Gehalt im rohen Kakao drin ist. Und
Kakaopulver ist natürlich noch weniger bearbeitet als Schokolade. Hierzu
gibt es einen Wikipedia Artikel auf Englisch (4): „Claimed[citation
needed] to have health benefits and potential as a superfood
(although the term "superfood" is a marketing ploy, as they do not
actually exist[2][3][4]), it represents a fast-growing segment of
the chocolate industry.”
Den höchsten Anteil macht die
Kakaobutter aus (5): 54,0%. Es folgen Eiweiß (11,5%), Zellulose (9,0%), Stärke
und Pentosane (7,5%), Gerbstoffe (6%), Wasser (5%), Mineralstoffe und Salze
(2,6%), organische Säuren und Geschmacksstoffe (2,0%), Theobromin (1,2%),
verschiedene Zucker (1,0%) und Koffein (0,2%). Man schätzt die Anzahl der
Inhaltsstoffe auf über 300. Hier sind
einige davon: Anandamid, Dopamin, Epicatechin, Flavonoide, Histamin (schlecht
für Menschen mit Histamin Unverträglichkeit), Magnesium, Phenylethylamin, Polyphenole,
Salsolinol, Serotonin, Tryptophan, Tyramin. und weitere mehr.
Gesundheitliches
„Eine Untersuchung, der auf den
Panama San Blas Inseln lebenden Kuna-Indianer ergab, dass aufgrund des
regelmäßigen Verzehrs eines aus gerösteten Kakaobohnen entstandenen Getränkes,
der Blutdruck der gesamten dort lebenden Bevölkerung niedrig war.“ Das könnte
aber auch andere Gründe haben: z.B. mehr Bewegung, weniger Kalorien, Fisch in
der Nahrung, mehr Ballaststoffe, weniger Stress. Andererseits gibt es eine
Metaanalyse von K. Ried und Kollegen (6). Die Autoren kommen zu dem
Ergebnis: „Flavanol-rich chocolate and cocoa products may have a small but statistically
significant effect in lowering blood pressure by 2-3 mm Hg in the short term.” Die Frage bleibt offen, ob dieser geringe Effekt
auch dauerhaft besteht.
„Roher Kakao beugt
Herzkrankheiten vor“. Das wird geschlossen aus dem Gehalt an Flavonoiden und
einer verminderten Thrombozyten-Aggregation, also einer Behinderung der
Blutgerinnung, so dass es zu weniger Blutgerinnseln käme.
Eine Verbesserung bei
Alzheimer-Demenz wird beschrieben. Ich habe die Studie von G. Desideri und
Kollegen (9) sehr kritisch gelesen, denn sie wurde von Mars gesponsert, aber
ich konnte in Design und Durchführung keinen Fehler finden. Die
Autoren schlossen: „To the best of our knowledge, this is the first dietary
intervention study demonstrating that the regular consumption of cocoa
flavanols might be effective in improving cognitive function in elderly
subjects with mild cognitive impairment. This effect appears mediated in part
by an improvement in insulin sensitivity.” Daraus folgt allerdings nicht, dass Gesunde eine Verbesserung ihrer Hirnleistungsfähigkeit
durch rohen Kakao erfahren.
Superfood oder nicht?
Ich sehe erst einmal einen
wahnsinnigen Hype. Wenn roher Kakao in größeren Mengen konsumiert wird, nimmt
man auch Kalzium und Magnesium auf. Das kann man mit einheimischer Nahrung
deutlich preiswerter erreichen. Werden allerdings nur geringe Mengen konsumiert,
dann nimmt man sowieso nur geringe Mengen davon auf. Antioxidantien sind
vorhanden und vielleicht werden weitere Studien einen gesundheitlichen Zugewinn
durch Flanonole aus Kakao für bestimmte Erkrankungen nachweisen. Das macht den
rohen Kakao aber zum Rohstoff für Ernährungsmedizin für Erkrankte, aber nicht
zum Superfood für Gesunde.
Auch wenn ich kein Superfood in
rohem oder verarbeiteten Kakao sehe, will ich Ihnen den Konsum nicht ausreden.
Schauen Sie aber nach, ob der Cadmium-Gehalt verraten wird, denn der könnte zu
hoch sein.
Links:
Weitere Bewertungen
von Superfoods unter dem Stichwort "Superfoods" hier auf diesem Blog.
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