Sunday, August 25, 2024

Altargesteck für den 24./25.08.2024 13. Sonntag nach Trinitatis

 


Der heutige Sonntag ist der 13. Sonntag nach dem Trinitatis-Fest [1]. Wir feierten in der Versöhnungskirche schon die Liturgie des 13. Sonntags nach Trinitatis und das kann man guten Gewissens tun, denn in der jüdischen Tradition beginnt der neue Tag abends. Aber andererseits ist der Samstag auch ein Feiertag, vielleicht ein wenig beachteter Feiertag, nämlich der Tag des Apostels Bartholomäus [2]. Und nun?

Nun beschäftigen wir uns kurz mit dem Apostel Bartholomäus [3]. Die synoptischen Evangelien benennen Bartholomäus als Jünger Jesu und er wird einmal in der Apostelgeschichte erwähnt [4]. Der Hagiographie nach predigte er das hebräische Matthäusevangelium vor allem in Armenien. Oder nicht eher das aramäische Matthäusevangelium? Für beide Formen gibt es allerdings kein Dokument. Die früheste Form ist auf Griechisch überliefert worden. In Armenien soll er auch das Martyrium erlitten haben. So soll ihm bei lebendigem Leibe die Haut abgezogen und er dann  kopfunter gekreuzigt worden sein. Nach anderer Quelle ist er enthauptet worden. Nach weiteren Legenden wurde sein Sarg mit dem Leichnam in Sizilien angespült. Er wurde auch dort (genauer noch auf der Insel Lipari) bestattet. Kaiser Otto II. ließ seine Gebeine 983 nach Rom (San Bartolomeo all’Isola) bringen. Insgesamt weist diese, wie viele Heiligenlegenden, doch Unstimmigkeiten auf. Das ist aber egal, denn es handelt sich um Glaubensinhalte und nicht um Geschichte. Wer also ist Bartholomäus für mich? Einer der Apostel, der wahrscheinlich fern von Jerusalem gepredigt hat.

Der Wochenspruch lautet [5]: „Christus spricht: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Ein Gesetzeslehrer fragte Jesus: „Wer ist denn mein Nächster?“ Jesus antwortete mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter [6]. Ich bin früher einmal der Frage, ob der barmherzige Samariter Single war, so intensiv nachgegangen, daß man mich fragte, ob ich eine Obsession zum barmherzigen Samariter hätte [7]. Das Gleichnis ist eines der bekanntesten überhaupt. Die Stelle im Lukasevangelium endet so: “Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste geworden dem, der unter die Räuber gefallen war? Er sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm tat. Da sprach Jesus zu ihm: So geh hin und tu desgleichen!” „Wer ist mein Nächster?“ Dieser Frage gingen wir in Holweide wie auch in Kall im Gespräch nach. Das ist gar nicht so einfach zu sagen und schnell sieht man ein scheinbar unlösbares Problem. Kann und muß ich mich um sämtliches Leid kümmern? Das geht überhaupt nicht, ist aber gleichzeitig im Rahmen eines Alles-oder-Nichts-Prinzips auch eine hervorragende Ausrede, überhaupt nichts zu tun. Nein, in der Regel merken wir schon, wer unser nächster ist und uns schamvoll abwenden. Ein noch schwierigeres Problem findet sich in der Feindesliebe.

In Köln hatten wir uns über den alttestamentlichen Text, den die Perikopen-Ordnung für den 13. Sonntag nach Trinitatis vorsieht, vorgenommen. Dort ist „Von der Heiligung des Lebens“ die Rede [8]. Dort heißt es: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der Herr, euer Gott.“ Da schweift der Text etwas vom Thema ab, aber so grandios, daß ich es aufgreifen möchte, denn diese Stelle hat mich schon lange beschäftigt. Und nicht nur, weil in der evangelischen Gemeinde Dellbrück-Holweide in der neuen Liturgie „Du bist heilig“ gesungen wird. Im Glaubensbekenntnis heißt es [9]: „ Ich glaube an den Heiligen Geist, / die heilige christliche Kirche, / Gemeinschaft der Heiligen, /...“. Ich fragte mich, was denn die Gemeinschaft der Heiligen sei. Wer sind die Heiligen? Die Märtyrer? Die Heiligen, die von der römisch-katholischen Kirche bestimmt worden sind? Nein, wir alle sollen heilig sein, wir könnten die Heiligen sein. Andererseits ist da noch die Erwähnung von christlicher Kirche und Gemeinschaft der Heiligen. Also ich fühle mich ziemlich fern von diesem Ideal.
Der weitere Text stellt praktische Regeln auf, wie „Du sollst nicht unrecht handeln im Gericht“, „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ oder „Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken“. Kann man dem gerecht werden? Kann man in einer religiös pluralistischen Gesellschaft (Agnostiker, Muslime, Juden, Christen, Atheisten, Buddhisten etc.) heilig leben? Vielleicht unterscheiden wir uns, wenn wir das versuchen. »Dem jüdischen Religions-wissenschaftler Pinchas Lapide wird die Erkenntnis zugeordnet: "Entweder nimmt man die Bibel wörtlich - oder ernst! Beides zusammen geht nicht."« [10] Nehmen wir die Bibel ernst und lassen uns von der Not unseres Nächsten
anrühren.

Das Altargesteck in Köln stand wieder im Abseits, denn der Gottesdienst wurde am Taufbecken gefeiert; da finden wir dann auch die Farbe Rot für den Apostel Bartholomäus, während sonst das Parament in der Farbe Grün blieb. Das Gesteck war hoch ausgeführt, wie fast immer, aber man sieht deutlich, daß der Prozeß der Vergänglichkeit bereits eingesetzt hat; also ein memento mori. In Kall gab es ein kleines, aber hübsch konzipiertes und prächtig aussehendes Altargesteck.



Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).

Links und Anmerkungen:

[1] https://kirchenjahr-evangelisch.de/13-sonntag-nach-trinitatis/  
[2] https://kirchenjahr-evangelisch.de/tag-des-apostels-bartholomaeus/  
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Bartholom%C3%A4us_(Apostel)  
[4] Mt 10,3; Mk 3,18; Lk 6,14; und Apg 1,13
[5] Mt 25,40b. Der Tag des Apostels Bartholomäus hat auch einen Wochenspruch, der allerdings nicht mehr zum Tragen kam, hier aber erwähnt werden soll: „Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion: Dein Gott ist König!“ Jes 52,7
[6] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/LUK.10 Lk 10,25–37
[7] https://rheumatologe.blogspot.com/2021/08/altargesteck-am-29082021-13-sonntag.html
[8] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/LEV.19 3. Mose 19,1–3.13–18.33–34
[9] Evangelisches Gesangbuch. Gütersloher Verlagshaus 1996. ISBN: 978-3579000435. S. 1309.
[10] Jürgen Kaiser: Pure Provokation. Zentraler Eckstein. In:
zeitzeichen 8/2024, ISSN: 1616-4164. S. 59.

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