Heute las ich in der Mailing
Liste zu Arno Schmidt einen seltsamen Beitrag. Es ist unklar, wie der in die
Liste eines literarischen Zirkels gelangt ist, in dem sich zu Arno Schmidt [1] ausgetauscht
wird.
Die Überschrift lautet: „Gwen
Stefani Verrät Blake Sheltons Geheimnis Für Schnellen Gewichtsverlust (Bilder
Unten)“. Der Beitrag ist „by Suzanne Pischner Sunday, June 25, 2017“. Es
handelt sich um eine schlechte Übersetzung aus dem Amerikanischen. Versuchen
Sie einmal die Seite aufzurufen [2]. Wenn Sie die Überschrift googeln, landen
Sie auf ziemlich obskuren Seiten.
Was kann man in diesem Artikel
nun lesen? Zum Beispiel: „Khloe Kardashian nahm reines Pure Natural Forskolin
und verlor 9 kg in nur 20 Tagen.“ Das entspricht 2700 kcal pro Tag. „John
Goodman nahm reines Pure Natural Forskolin und verlor 30 kg in nur 2 Monaten.“
Das sind sogar 3000 kcal pro Tag! Das entspricht etwa 14 Stunden Autowaschen am
Tag.
Für einen begrenzten Zeitraum kann
man dann das Produkt, Pure Natural Forskolin“ für einen Monat billiger
erwerben. Der Trick mit dem Rabatt funktioniert immer.
Forskolin ist eine in dem
Harfenstrauch Plectranthus barbatus vorkommende chemische Verbindung, die zur
Gruppe der Diterpene gehört. Forskolin besitzt als direkter Stimulator des
Enzyms Adenylylcyclase vielfältige Wirkungen. [3] In Wikipedia Artikel kann man
weiter lesen: „In der Bodybuilderszene werden forskolinhaltige Pflanzenextrakte
als Fatburner verwendet. Die Wirksamkeit des Forskolins für diese beanspruchten
Anwendungsgebiete ist nicht hinreichend belegt. Sein Nutzen-Risiko-Verhältnis
ist nicht ausreichend untersucht.“
Auf der Seite des Anbieters [4] werden
drei Studien erwähnt.
S. Doseyici und Kollegen
veröffentlichten im Jahr 2014 diese Studie [5]: “The effects of forskolin and
rolipram on cAMP, cGMP and free fatty acid levels in diet induced obesity.“ Es
handeltsich um eine Studie an Ratten. „ We found that both forskolin and rolipram stimulated
lipolysis and inhibited body weight increase by increasing cAMP levels.” Wenn man genau liest fallen zwei Dinge auf: Ratten
sind nicht Menschen und Verhinderung einer Gewichtszunahme ist keine
Gewichtsreduktion.
In einer Studie des Jahres 2005 diskutieren M.P. Godard und Kollegen ihre
Ergebnisse [6]: „Oral ingestion of forskolin (250 mg of 10% forskolin extract
twice a day) for a 12-week period was shown to favorably alter body composition
while concurrently increasing bone mass and serum free testosterone levels in
overweight and obese men. The results indicate that forskolin is a possible
therapeutic agent for the management and treatment of obesity.” Die Studie wurde mit je 15 Probanden (nur Männer) durchgeführt,
d.h. mit zu wenigen. Verlässliche Daten kann man so nicht erhalten. Eine
Dexamessung (Knochendichtemessung) ist fehleranfällig, wenn das Messintervall
nur drei Monate beträgt. Im Durchschnitt macht man solche Messungen in einem
Intervall von zwei Jahren. Es gab einen Trend zu einer signifikanten Zunahme
für schlanke Körpermasse (also Muskelmasse) – ein Trend ist aber noch keine
Signifikanz. Und das Testosteron hat sich erhöht – das wird die Frauen freuen,
ich meine, wenn das Präparat u.U. zur Vermännlichung führt. Ist vielleicht
nützlich bei Teilnahme an Steinigungen (Leben des Brian) [7]. O.K: das war
jetzt OT. Ich gebe zu, dass ich nur den Abstract gelesen habe und mir den
vollständigen Text geschenkt habe.
Die nächste Studie ist aus dem
Jahr 1987 [8]. „Twenty-eight obese women were placed on a calorie-restricted diet and
one of five treatments …”. Schon das
Alter der Studie lässt am Wert zweifeln. Aber die Aufteilung in fünf Gruppen
schließt eine sinnvolle statische Analyse der einzelnen Gruppen aus. Besonders,
wenn man Injektionen und Cremes miteinander vergleicht. Ich weiß, dass es
schwierig ist, einzusehen, dass die Gruppengröße in der Statistik zu
berücksichtigen; ich musste sogar meinen Doktorvater überzeugen, dass gewisse
Auswertungen in meiner Dissertation unterbleiben mussten.
Ich finde es immer häufiger, dass
Studien herangezogen werden, die für die Behauptung nicht belastbar sind. Aber
anscheinend prüft da niemand nach.
Abzocke? Ja. Jedenfalls sehe ich
das so. Überflüssige Pillen für etwas 30 € im Monat.
PS. Ich sehe gerade noch eine
Seite mit dem Titel „Meine Forskolin-Kritik“ [9]. Es handelt sich nicht um eine
kritische Auseinandersetzung sondern um eine Werbeseite, die schlecht aus dem
Amerikanischen übersetzt wurde. „Hi! Mein Name ist Leah Bachmeier“ heißt es da.
Ich glaube kein Wort!
Links:
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