Der zweite Advent ist ein Sonntag der Hoffnung [1]. Der Wochenspruch „Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ [2] Mit „Kopf hoch, wird schon wieder“ hat das wenig zu tun, denn dies ist ein schwacher Trost und zudem, ohne nachgedacht zu haben, dahin gesagt. Eine Plattitüde! Ganz anders das Zitat aus dem Lukasevangelium: hier werden wir aufgefordert, die Häupter selbst zu erheben, denn die Erlösung naht!
Die Lesung aus dem Alten Testament steht bei Jesaja [3]. „ Du, Herr, bist unser Vater; »Unser Erlöser«, das ist von alters her dein Name.“ heißt es dort. Und: „Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab, ...“. Sowie: „... kein Auge hat gesehen einen Gott außer dir, der so wohltut denen, die auf ihn harren.“ Also ein Text, der hervorragend in die Wartezeit auf den Erlöser paßt.
Der Predigttext steht auch im Buch des Propheten Jesaja [4]. Dort heißt es: „Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden. Dann wird der Lahme springen wie ein Hirsch, und die Zunge des Stummen wird frohlocken.“ Man muss nicht sehr bibelfest sein, um die entsprechenden Stellen im Neuen Testament zu finden [5]. Dies ist in der Antwort Jesu Christi an die Jünger von Johannes dem Täufer auf seine Frage: „Bist du es, der da kommen soll?“ enthalten. Und der Prophet versprich: „Die Erlösten des Herrn werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen.“
Der Gottesdienst war als Singegottesdienst überschrieben und gesungen haben wir viel. In der Lesung aus dem Lukasevangelium fand sich ein Bezug auf die Offenbarung, die sich ihrerseits auf Jesaja bezog (Jes 24,21-23). Das Lied „Macht hoch die Tür“ (EG 1) bezieht sich auf Psalm 24 (Ps 24,7-10), der sich aber wiederum auf Jesaja bezieht (Vers 5 → Jes 48,18 und Vers 7 → Jes 40,3.4). Das Lied „O Heiland reiß die Himmel auf“ (EG 7) bezieht sich auf Jesaja (Jes 64,1; Jes 15,8; Jes 11,1). Das Lied „Mach dich auf“ (EG 537) bezieht sich ebenfalls auf Jesaja (Jes 60,1). Und wenn man im Buch Jesaja herumblättert, vielleicht die Kapitel 42 und 50 liest, dann kann man erahnen, wie wichtig der alttestamentliche Prophet für das Christentum ist.
Nach all dem Singen und dem Impuls gönnten wir uns eine Zeit der Stille. Es war so still, daß man eine Nadel hätte Fallen hören können. Aber es war auch so still, daß man das Arbeiten von Därmen, nicht außerhalb des Körpers, hatte wahrnehmen können.
Kommen wir nun zum Altargesteck. Die liturgische Farbe ist weiter Violett. Aber die beiden Gestecke der Versöhnungskirche zeigten kein Violett. Sprach ich von zwei Gestecken? Nein, es waren drei. Eins stand in der eiskalten Kirche, man sieht es daran, daß noch keine Kerze entzündet wurde. Eins stand im warmen Vorraum des Gemeindesaales, der als Kirche diente. Dies war vertrocknet und wartete geduldig auf Entsorgung. Das Gesteck selbst war schlicht. Übrigens soll die Heizung diese Woche repariert werden.
Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).
Links und Anmerkungen:
[1] https://kirchenjahr-evangelisch.de/2-advent/
[2] Lk 21,28b
[3] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/ISA.63 und https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/ISA.64 Jes 63,15–64,3
[4] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/ISA.35 Jes 35,3–10
[5] Mt 11,1-6 und Lk 7,18-23
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