Da ist er nun, der vierte Advent, so plötzlich da wie jedes Jahr! Wirklich wie jedes Jahr? Denken wir vier Jahre zurück, im Lockdown der Pandemie wurden die Präsenz-Gottesdienste abgesagt (2020). Ein paar Mitglieder des Presbyteriums trafen sich dennoch in der Versöhnungskirche, um Mitgliedern der Gemeinde, die trotz Absage gekommen waren, persönlich die bittere Nachricht zu bringen, das Liedblatt zu überreichen und dann noch an der Krippe zu arbeiten. Die Kerzen haben wir später auch ohne Gottesdienst noch angezündet [1].
Trotzdem bleibt der vierte Advent ein Sonntag von Veränderung und Freude [2]. Das greift der Wochenspruch auf: „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“ [3] Der Engel Gabriel verkündet Maria die Botschaft, sie werde schwanger vom Heiligen Geist und ein Kind gebären, das Sohn des Höchsten genannt werden wird. „Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast.“ Wir hoffen, dass wenn Gott in die Welt kommt, sich die ungerechten Verhältnisse ändern; Hungrige satt werden, Gewaltige vom Thron gestoßen werden, ein wenig könnten wir allerdings auch selber tun.
In der Epistel ist ebenso von Freude die Rede [4]; es ist die die Stelle im Brief des Paulus an die Philipper, in der er uns überschwänglich zuruft: „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“ – und abermals zitiere ich die Stelle gerne auch ein zweites Mal! Und hier steht auch: „Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren.“ Folgt so oder in ähnlicher Form der Predigt.
Die Lesung aus dem Evangelium stammt aus dem Lukasevangelium [5] und behandelt die Ankündigung der Geburt Jesu – wird auch Zeit! Die Geschichte ist lesenswert und erklärt die Schwangerschaft. Im ersten Kapitel behandelt Lukas sehr verschiedene Sachverhalte, nämlich:
· Die Ankündigung der Geburt Johannes des Täufers
· Die Ankündigung der Geburt Jesu
· Marias Besuch bei Elisabeth
· Marias Lobgesang (Magnifikat)
· Die Geburt Johannes des Täufers
· Der Lobgesang des Zacharias
Es handelt sich also um ein langes Kapitel und es ist nicht nur ein Kapitel der beiden Schwangeren, aber Lukas behandelt nur Zacharias ausführlich und für Josef und sein Handeln müssen wir das Matthäusevangelium heranziehen. Mir ist unklar, warum Lukas zwischen die Verkündigung und Marias Lobgesang noch Marias Besuch bei Elisabeth einschiebt, andererseits erlaubt die Perikopenordnung, daß nicht nur die Verse 26–38 sondern auch 39–56 vorgelesen werden, also mit dem Besuch bei Tante Elisabeth.
Es wäre jetzt zu billig, über die historische Maria zu spekulieren, und noch mehr über Josef. War sie vielleicht erst 14 Jahre alt? War Josef deutlich älter? War er nun Zimmermann oder nicht doch mehr Architekt? Blieb Maria Jungfrau vor und nach der Geburt Jesu Christi? Ich meine, daß solche Fragen zu nichts führen. Genau wie die Frage, wie viele Engel auf einer Nadelspitze Platz finden – an der Frage und ihrer Antwort arbeitete man im Mittelalter. Wir dürfen an die schöne Weihnachts-Geschichte glauben, an Schwangerschaft, an das Gespräch mit dem Engel, das zum Magnifikat geführt hat. In einer Zeit, da Science Fiction Literatur zur Religion erhoben wird, darf man das.
Kommen wir einmal zu den Engeln, die oftmals in Anlehnung an Barockdarstellungen an Weihnachtsbäumen hängen. Sie tauchen bereits im Alten Testament auf, denn nachdem Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben worden waren, bewachten die Cherubim den Eingang des Paradieses. Da sind dann noch die Seraphim, aber insgesamt werden Engel deutlich mehr im Neuen Testament erwähnt. Was sind eigentlich Engel? Man kann sie als Geistwesen in (geflügelter) Menschengestalt, von Gott erschaffen und ihm untergeordnet, betrachten und sie als Gottes Boten an die Menschen auffassen [7]. Das hebräische Wort malaʾkh bedeutet zunächst einmal Bote und das wurde altgriechisch ἄγγελος (angelos; das zum lateinischen angelus, woher dann der englische angel und der deutsche Engel herrühren. Übrigens war früher ein englisches Fräulein nicht eine weibliche Person aus einem Teil Großbritanniens sondern die poetische Wendung für eine engelsgleiche junge Frau. Benötigen wir denn Engel (und wenn wir dabei sind Heilige) als Mittler zwischen Gott uns uns? Sicher nicht, denn da können wir uns auf Jesus Christus berufen. Aber die Engel ohne Flügel, die können wir gebrauchen, die, die anpacken, wenn die Not am größten ist.
Die Lesung aus dem Alten Testament [6] steht ziemlich bei den letzten Kapiteln des Jesaja-Buches, ist also dem Tritojesaja zuzuordnen. Es geht um die Vision des Wiederaufbaus Jerusalems nach dem Exil in Babylonien. Alle Völker und Herrscher sollen die Gerechtigkeit und Herrlichkeit Jerusalems sehen. Die Adventszeit ist auch eine Zeit der Hoffnung und die wird in diesem Text des Jesaja-Buches deutlich heraus gearbeitet. Ich hörte heute von den „größenwahnsinnigen Dimensionen der Hoffnung“ (Dorothee Sölle) und meine, daß wir die benötigen. Aber zur Hoffnung müßte noch mehr zu sagen sein [7]. Für den Luxus der Hoffnungslosigkeit jedenfalls sehe ich keinen Platz.
Gesteck mäßig hat sich sich nicht viel getan, aber irgendwie hat es das Gesteck in der Christuskirche (Gottesdienst der Gesamtgemeinde Dellbrück-Holweide) geschafft, besser auszusehen. Und der Weihnachtsbaum ist prächtig geschmückt worden. Die liturgische Farbe Violett sieht am am besten am Parament, aber es hätte auch nach Rosa aufgehellt werden dürfen.
Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).
Links und Anmerkungen:
[1] https://rheumatologe.blogspot.com/2020/12/altargesteck-am-20122020-4-advent.html
[2] https://kirchenjahr-evangelisch.de/4-advent/
[3] Phil 4,4.5b
[4] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/PHP.4 Phil 4,4–7
[5] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/LUK.1 Lk 1,26–38(39–56)
[6] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/ISA.62 Jes 62,1–5
[7] Die Lektüre von Ernst Blochs „Das Prinzip Hoffnung“ liegt dafür zu weit zurück und Jürgen Moltmanns „Theologie der Hoffnung“ habe ich noch nicht gelesen.
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