Der 1. Advent ist der Beginn des neuen Kirchenjahres [1]. Wer kennt sie nicht, die Abreißkalender, die Losungen der Brüdergemeine Herrnhut [2] oder Die gute Saat [3], aber alle beginnen mit dem 1. Januar, also dem Sonnenjahr und nicht dem Kirchenjahr. Vielleicht ist das so aber viel praktischer als den Wechsel mit dem Kirchenjahr oder dem Mondkalender durchzuführen, wie etwa traditionell im Fernen Osten, durchzuführen.
Der Gottesdienst am Vorabend des 1. Advents wurde nicht in der Versöhnungskirche durchgeführt, da sie aktuell nicht beheizbar ist, sondern in der älteren, aber baulich genauso geeigneten Christuskirche. Wozu baulich geeignet? Für den Kantatengottesdienst unter dem Motto: „Schwingt freudig euch empor“! Der Gottesdienst wurde eingeleitet mit: Johann Sebastian Bach „Nun komm, der Heiden Heiland“ BWV 659, á deux claviers et pedale und beendet mit: Johann Sebastian Bach, „Nun komm, der Heiden Heiland“ aus den „Leipziger Chorälen“, BWV 661. Die Mitte, in die die Predigt eigebettet war, bildete: Johann Sebastian Bach „Schwingt freudig euch empor“ BWV 36, eine gelungene Darbietung [4]. Obwohl die Kirche mit 115 Besuchern gut gefüllt war, hätte sie aber noch Platz für weitere Besucher geboten – selber schuld, wer diesen Gottesdienst verpaßt hat. Textlich gefällt mir am besten: „Auch mit gedämpften, schwachen Stimmen / wird Gottes Majestät verehrt.“ Enigmatisch hingegen ist: „Lob sei Gott, dem Vater, g‘ton“; „g‘ton“ soll heißen getan, aber dann reimte es sich nicht mehr auf Sohn, denn die gesamte Zeile sieht so aus: „Lob sei Gott, dem Vater, g‘ton, / Lob sei Gott, sein‘m eingen Sohn“. Mein lieber Scholli, Herr Bach! / Aber ich seh's Ihnen nach. Das Konzert wird noch einmal wiederholt [5].
Advent bedeutet Ankunft, die Ankunft Jesu Christi wird erwartet, und deshalb sang die Gemeinde als erstes Lied „Macht hoch, die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit!“ Natürlich paßt der Wochenspruch dazu: „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.“ [6]
Die Lesung aus dem Evangelium behandelt den Einzug Jesu Christi in Jerusalem, als die Menschen jubelten und Kleider oder Palmzweige auf seinen Weg legten [7]. Es ist ist schöne Textstelle: „Und sogleich werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr; bindet sie los und führt sie zu mir! Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht: Der Herr bedarf ihrer. Sogleich wird er sie euch überlassen.“ Dann zitiert Matthäus Sacharja 9,9 vollständig, woraus der Wochenspruch entnommen ist. Die Stelle endet mit: „Das Volk aber, das ihm voranging und nachfolgte, schrie und sprach: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!“
Kommen wir nun zu den Altargestecken. Die liturgische Farbe ist Violett. Das Gesteck der Christuskirche zeigt mit Phantasie violette Kerzen auf einem Adventskranz, wobei die Anmerkung gestattet sein dürfte, geht auch attraktiver. Violett gilt als Bußfarbe. Die Adventszeit ist eine Buß- und Fastenzeit, da lag die Idee von Glühwein und Weihnachtsmarkt in weiter Ferne. Und das Anhören des Gedudels von „Last Christmas“ und „Jingle Bells“ ist dem Bußfertigen auch keine Bußübung. In Kall gefielen mir Weihnachtsstern und Adventskranz, auch wenn Rot nicht liturgische Farbe ist.
Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).
Links und Anmerkungen:
[1] https://kirchenjahr-evangelisch.de/1-advent/
[2] https://www.losungen.de/die-losungen/
[3] https://www.gute-saat.de/
[4] Es sangen:
Die Kantorei coro con spirito
Unterstützt von den Solisten:
Gela Birckenstaedt, Sopran
Jean Philipp Chey, Tenor
Bernd Heyder, Bass
Es spielten:
Ina Stock, Oboe 1
Ulrike Neukamm, Oboe 2
Anette Sichelschmidt, Violine 1
Chiharu Abe, Violine 2
Christiane Veltmann, Viola
Heike Johanna Lindner, Violoncello
Antje Plieg-Oemig, Violone
Johannes Quack, Orgel
Mechthild Brand, Leitung
Ich möchte an dieser Stelle zwei Personen besonders danken:
Herrn Jean Philipp Chey, der kurzfristig für den erkrankten Felix Tudorache eingesprungen ist,
und unserer Kantorin Mechthild Brand, ohne die es nicht dieses herrliche Konzert gegeben hätte.
[5] Das kommt jetzt als Werbung zu spät: es ist ein Adventskonzert in der Antoniterkirche (Schildergasse, Köln-Mitte), 01.12.2024, 18:00 Uhr.
[6] Sach 9,9a
[7] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/MAT.21 Mt 21,1–11 Natürlich stolpere ich immer wieder über den Ortsnamen „Betfage (ältere Schreibweise: Bethphage; altgriechisch Βηθφαγή; Aramäisch בית פגי; zu Deutsch etwa ‚Feigenhausen‘, wörtlich ‚Haus unreifer Feigen‘)“ [7a]. Für mich ist es eher „Gebetsfresser“, da mir Phagen aus Medizin und Anthropologie bekannt sind als Bakteriophagen oder Anthropophagen.
[7a] https://de.wikipedia.org/wiki/Betfage
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