Saturday, January 28, 2012

Arthrose – weitere Aufreger in der orthopädischen Zeitschrift für Patienten

Ich lese gerade in einer Zeitschrift, die unsere Orthopäden für die Patienten im Wartezimmer ausgelegt haben – ein Aufreger nach dem anderen.


„Beweglicher mit Hyaluronsäure-Kapseln“ und mit ähnlichen Versprechen werden Nahrungsergänzungsmittel beworben. Die Versprechen basieren aber nicht auf entsprechenden Studien, da dies auch nur für Medikamente nach dem Arzneimittelgesetz vorgesehen ist. Das Nahrungsergänzungsmittel wird aber wie ein Arzneimittel beworben. Wahrscheinlich wird es weder Wirkung noch Nebenwirkung haben, außer natürlich der Wirkung auf den Geldbeutel des Käufers, denn der wird leerer.


Dann wird ein „individueller Ernährungsplan“ für sage und schreibe 400 € aufgestellt. Wahrscheinlich kauft man sich überflüssige und nicht in Studien verifizierte, also völlig obskure Laborwerte ein, ohne die der „persönliche Fahrplan“ für die Ernährung nicht erstellt werden kann. Damit soll man auch das Gewicht reduzieren können. Vorsichtig sollte man werden, wenn man im Zusammenhang mit Gewichtsreduktion von Pfunden liest, die da purzeln.


Ein Buch zu Knie-Arthrose verspricht Hoffnung für Arthrosepatienten: „Vorbeugung, Behandlung, Heilung“. Heilung? Ja, steht auf dem Buchtitel. In Wikipedia findet man folgenden Definitionsversuch: „In der Medizin wird Heilung als Wiederherstellung des Gesundheitszustandes unter Erreichen des Ausgangszustandes (restitutio ad integrum) definiert.“ Und das ist nun mal nicht möglich. Weiter in Wikipedia: „Bleibt ein organischer oder funktioneller Restschaden bestehen, spricht man von Defektheilung.“ Wahrscheinlich werden sich die Autoren darauf zu berufen wissen.


OT: Nun steht etwas über Rheuma in der Zeitschrift. „Einige der wichtigsten langwirksamen Antirheumatika sind: * intramuskulär verabreichtes Gold bzw. in Tablettenform (z.B. Tauredon® oder Ridaura® ...“ Gold (Tauredon®) ist nur noch als Reservemittel üblich, da die modernen Mittel effektiver sind und weniger unerwünschte Arzneimittelwirkungen haben. Bei Ridaura® war die Wirksamkeit nie bewiesen. Aber die Autorin weiß dies alles nicht.


Eine Magnetfeldfeldtherapie wird als „Kraftwerk gegen die Schmerzen“ eingesetzt. Es ist unwahrscheinlich, dass durch diese Technik eine Besserung erfolgt. Siehe auch: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21938735 (englischer Text). Dann wird dreist behauptet:“Gerade bei Osteoporosepatienten kann in der Langzeitbehandlung eine enorme Steigerung der Knochendichte beobachtet werden.“ Da ist die Wissenschaft aber völlig gegenteiliger Ansicht: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22249842 (englischer Text). Ich nehme an, dass der Einsatz dieser pulsierten Magnetfeldtherapie eine „enorme Steigerung“der Einkünfte dieses Arztes bewirkt hat.


„Dank dieser berühmten Schweizer Kur nehmen Sie 5 Kilo in 1 Woche ab!“ „... keine Diät, keine ermüdende Gymnastik, keine Willensanstrengung. Sie werden abnehmen – das ist garantiert!“ Das vergessen Sie bitte ganz schnell. Mit gleicher Chuzpe könnte man die Super Goldkörnchen bewerben, die den Geldbetrag auf Ihrem Konto steigern, denn: „Sie werden reich – das ist garantiert!“. Und dann sehe ich noch, dass der Vorrat „schnell zur Neige geht“. Auch eine beliebte Methode, Panikkäufe hervorzurufen.


Dann folgt ein Wundermittel gegen Arthrose: „Ein natürliches Mittel, das Sie in 3 Monaten von Arthroseschmerzen befreit!“ Artro silium heißt das Mittel. Hier ist ein Forum, dass sich damit beschäftigte: http://www.rheuma-online.de/phorum/printthread.php?t=13485 (Vorsicht, da trollen sich auch Befürworter drin, die ziemlich sicher vom Vertreiber ausgehen). Der Hauptbestandteil des überteuerten Gels ist Kieselerde. Das ist auch der Hauptbestandteil von Zahnpasta. Zahnpasta als Mittel gegen Arthrose würde zwar nur ca. ein Zwanzigstel kosten, aber nicht so gut klingen.


Und jetzt habe ich erst einmal genug geblättert.



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