Tuesday, January 21, 2025

Die Filialkirche St. Germanus in Feusdorf in der Eifel

 


Feusdorf ist eine kleine Gemeinde mit 511 Einwohnern (ich habe nachgezählt) auf 518 m Höhe in der Vulkaneifel [1]. Feusdorf wurde erstmalig urkundlich als Feußdorf [2] im Jahr 1373 erwähnt.

Kommen wir aber nun zur Kirche in Feusdorf Und hier beginnen bereits die Feuersdorfer Mysterien um die Kirche. Die hieß nämlich gar nicht St. Germanus, sondern Servatiuskapelle und wurde erstmals im Jahr 1543 erwähnt. Sie war eine Filialkirche von Esch. Wir können davon ausgehen, daß von dieser Servatiuskapelle nichts mehr im aktuellen Bau zu finden ist. Bis heute ist allerdings ein gotischer Chor erhalten, der wahrscheinlich im 16. Jahrhundert entstanden ist. Die größere Instandsetzung war dann 1775. Im Jahr 1804 wurde nach Westen verlängert. Im Jahr 1848 brach die kleine Kapelle („4,05 m x 11,82 m, der Chor 4,22 m breit und 4,32 m tief“) mit drei Wohngebäuden und Stallungen nach einem Blitzschlag und Brand völlig zusammen. Interessanterweise gab es damals eine Feuerversicherung und die Gemeinde bekam einen Zuschuss von 3000 Talern, so dass die Kapelle wieder aufgebaut werden konnte. Allerdings wurde sie Mitte der 1960er Jahre zu klein, so daß im Jahr 1968 eine grundlegende Erweiterung erfolgte. Hinter dem Schiff mit dem Glockenturm wurde abgerissen. Allerdings konnte man wegen des besonderen Baustils (gotisch) den Chor erhalten [3]. Die Baukosten betrugen 180.000 DM, wovon die Gemeinde 40.000 DM an Spenden aufbrachte. Konsekriert wurde die Kirche 1970.


Im Jahr 1687 kamen Reliquien des hl. Germanus in die Kapelle. Das könnte in sofern von Bedeutung sein, da in Frankreich sämtliche Reliquien des hl. Germanus von Paris in der Französischen Revolution verloren gingen. Zu Ehren des hl. Germanus hatte man 1775 einen Altar errichtet; also kurz vor der Revolution.

Die Fenster („Antikglas/Blei/Schwarzlot“) mit nicht näher entzifferten ornamentalen Kompositionen entstanden 1969 nach einem Entwurf von W. Bettendorf, Ausführung: Kaschenbach Trier, wie von der Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts e.V. ermitteln konnte [4].
  


Der hl. Servatius von Tongern ist mir eigentlich viel zu interessant, als daß ich ihn jetzt nur nebenbei erwähne, denn er wurde vermutlich in Armenien (letztes Jahr besucht) geboren und wurde u.a. bei Rheumatismus angerufen. Er starb 384 in Maastricht und ist einer der Eisheiligen [5]. Über ihn möchte ich mit etwas mehr Umfang schreiben, wenn ich denn einmal eine Kirche unter seinem aktuellen Patronat beschreibe.

St. Germanus habe ich schon einmal beschrieben, aber damals war es viel klarer, wer gemeint ist [6]. Uns mag Germany von „Germany zero points“ geläufig sein, aber gemeint ist Germanus, der Name. Frankophilen Lesern mag die französische Form St. Germain und zwar als Faubourg Saint-Germain in Paris geläufiger sein. Der Name geht etymologisch auf die Bedeutung „leiblicher Bruder“ zurück. Nun gibt es mehrere Heilige mit dem Namen Germanus, als da wären:
Germanus von Granfelden – er war es sicherlich nicht, aber da er in Trier geboren wurde (612) ist er auch erst nach Prüfung als Namenspatron auszuschließen. Sein Wirkkreis lag in der Schweiz (Moutier) [7].
Germanus von Paris – er lebte von 496 bis 576 und war der 20. Bischof von Paris. Er wurde in der Kirche Saint-Germain-des-Prés beigesetzt. Im Rahmen einer Reliquientranslation von seine Gebeine gehoben und in ein prächtiges Grabmal überführt, doch, wie oben bereits angedeutet, gingen seine Gebeine während der Französischen Revolution verloren. Wikipedia schreibt: „Mehrere Kirchen in Frankreich und seinen Nachbarländern tragen sein Patrozinium.“ [8]
Germanus von Auxerre – er lebte von ca. 378-448, vielleicht aber schon 437 in Ravenna verstorben. Er war ebenso Bischof [9]. Ich hatte mich gewundert, daß er als Bischof von Auxerre, das liegt südwestlich von Paris auf etwa der Hälfte des Weges nach Lyon, in Ravenna auf einer Petitionsreise für die Region Armorica starb. Vor seiner Abkehr von weltlichen Dingen war er Befehlshaber oder in einer Vorform Herzog von Armorica (dem heutigen Gebiet der Bretagne und Normandie) und nahm an Feldzügen teil [10]. Nachdem die Römer Britannien verlassen hatten, ging unter anderem Germanus dorthin, um dem Pelagianismus Einhalt zu gebieten [11]. Darüber berichten walische Quellen [12]. Der Pelagianismus nahm an, daß es grundsätzlich möglich sei, „ohne Sünde zu sein (lateinisch: posse sine peccato esse)“ [13]. Das ließe eine Erlösung ohne Gott zu und wurde dementsprechend als Häresie eingestuft. Germanus ist Schutzpatron gegen mehrere Krankheiten (z.B. Irrsinn) sowie gegen Meineid; oh, da könnte er für manchen Politiker interessant sein. Übrigens gibt es eine Kirche in Paris mit dem Namen Saint Germain l’Auxerrois. Meine Wahl fällt auf ihn, aber die ist mehr von Gefühl als von Fakten getragen [14]. Ich danke Feusdorf und den Verantwortlichen für die Patronatswahl. Ein wenig des Mysteriums um den Namen des Patrons bleibt aber bestehen. Sollte ich mich geirrt haben, dann schreiben Sie es mir in einem Kommentar.


Wenn Sie es bis hierhin geschafft haben, dann schaffen Sie auch einen Besuch in Feusdorf und dann bitte nicht durchfahren, sondern anhalten und St. Germanus besuchen.


Links und Anmerkungen:
[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Feusdorf Völlig unerwartet bietet die englische Ausgabe von Wikipedia viel mehr Informationen zu Feusdorf als die deutsche Ausgabe.
[2] Die verschiedenen Schreibweisen, die überliefert worden sind, kann ich nun unmöglich übergehen: „Feußdorf (1373), Freuhsdorp (1555), Freußdorff (1558), Feurstorf (1658), Feustorf (1704), Feustorff (1720), Feurstorp (1729), Feußdorf (1775), Feusdorf (1822)“. https://www.feusdorf.de/files/Dateien%20Gemeinde/Archiv/Feusdorf%20im%20Wandel%20der%20Zeiten.doc.pdf
[3] https://www.feusdorf.de/kirche.html Hier auch ein Bild der „Servatiuskapelle“ vor dem Umbau. Hmh! Ich stutze! Hatte man sie erst in den 1960er Jahren umbenannt? Ein Myterium sicherlich!
[4] https://www.glasmalerei-ev-web.de/pages/b8604/b8604.shtml
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Servatius_von_Tongern
[6] St. Germanus in Wesseling
https://rheumatologe.blogspot.com/2024/06/st-germanus-in-wesseling.html
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Germanus_von_Granfelden
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Germanus_von_Paris
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Germanus_von_Auxerre
[10] Hier ist der französische Text von Wikipedia viel ergiebiger: https://fr.wikipedia.org/wiki/Germain_d%27Auxerre
[11] In diesem Zusammenhang ist der englische Text von Wikipedia weitreichender: https://en.wikipedia.org/wiki/Germanus_of_Auxerre
[12] Newell, E.J.: The History of the Welsh Church. Elliot Stock, London 1895. p.37, zitiert unter [11] und hier kann man es im Detail nachlesen:
https://archive.org/details/ahistorywelshch00newegoog/page/n52/mode/2up?view=theater   
[13] https://de.wikipedia.org/wiki/Pelagianismus Im Englischen ist der Begriff pelagianism, nicht zu verwechseln mit plagianism.
[14] Germanus of Capua habe ich erst gar nicht hier aufgenommen, denn er hat es nicht in die deutsche Ausgabe von Wikipedia geschafft. Das ist zwar über den Daumen gepeilt, aber sicherlich Hinweis, das er anderswo als in Deutschland und dann auch noch in Feusdorf bekannt ist.
https://en.wikipedia.org/wiki/Germanus_of_Capua

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