Thursday, December 18, 2025

Die Pfarrkirche St. Leodegar am ehemaligen Kloster Niederehe (Eifel)


Niederehe ist ein Ortsteil der Gemeinde Üxheim in der Vulkaneifel mit etwa 410 Einwohner [1] und vor etwa neun Jahren wäre ich fast dort hingezogen. Nördlich des Ortszentrums haben sich eher gut betuchte Mitbürger eine Siedlung mit Wochenendhäusern geleistet. Diese Häuser sind auch bewohnbar, aber als ich mich dafür interessierte, sagte mir jemand, der dort dauerhaft wohnte, daß die anderen eher ein- bis zweimal im Jahr für eine Woche dorthin kommen. Das hätte mir schon zugesagt. Leider war das inserierte Blockhaus so heruntergekommen und das Grundstück so fürchterlich, daß ich nicht dorthin gezogen bin [2]. Als ich das Grundstück zusammen mit Bruder und Schwägerin anschaute, haben wir danach ein weiteres Haus in Tondorf besucht, daß mit 13 Parkplätzen inseriert war [3]. Auch das war keine Alternative. Ich konnte vom Weg in den Ort das ehemalige Kloster sehen, aber habe es erst viel später besucht. 




Über das  ehemaliges Prämonstratenserinnenkloster, seine Geschichte, seine Baugeschichte, und weiteres mehr gibt es sehr viele Informationen und wer sich nicht nur die Rosinen herauspicken will wie ich, der sollte dort nachschauen [4]. Das Kloster wurde ca. 1175 gegründet; Ordenszugehörigkeit: Augustinerinnen, Prämonstratenserinnen, Prämonstratenser. Das Kloster gehörte zur Abtei Steinfeld; die Pfarrei gehört zum Erzbistum Köln. 1802 wurde das Kloster säkularisiert. Der Patron der Kirche ist der Heilige Leodegar, von dem Sie sicherlich schon gehört haben, der mir aber noch fremd ist, aber das werde ich gleich ändern.

Albero, Alexander und Dietrich von Kerpen erhielten 1162 von Reinald von Dassel, dem Erzbischof von Köln, die Erlaubnis für ein Kloster, das sie für adelige Jungfrauen nach der Augustinusregel zu errichten planten. Tja, wohin sonst mit den adligen Juffern, da es keine Drachen mehr gab. Rainald von Dassel [5] war von 1159 bis 1167 Erzbischof von Köln und hatte die Gebeine der Heiligen Drei Könige von Mailand nach Köln überführt. Ein genialer Schachzug, denn Köln hatte seither einen starken Zustrom von Pilgern erlebt. Köln hatte nicht nur Dassel sondern auch Dusel. 

Die Baugeschichte und der Kirchenbau selber sind sehr genau in den hier genannten Quellen beschrieben, es fallen dort Begriffe wie: Kreuzgratgewölbe, 
Fünfachtelschluss, Ochsenauge, Gurtbögen, Eckpilaster … keine Angst, ich werde jetzt kein Gedicht daraus machen.


Die Fenster sind alle von Wilhem de Graaff gearbeitet worden und zwar zwischen 1955 und 1960 [6]. Über Wilhelm de Graaff (1912–1975) hatte ich schon vor drei Jahren berichtet, denn ich wuchs bei der Kirche St. Petrus Canisius in Köln-Buchforst auf [7], die direkt gegenüber dem Haus lag, in dem meine Familie damals wohnte. Ich habe es noch nicht hinein in diese Kirche geschafft, denn Kirchen in Kölner Vororten sind fast immer verschlossen.


Die Orgel stammt von Balthasar König und ist sein Erstlingswerk (1715). Ich blicke von vom Küchenfenster aus auf Kloster Steinfeld, die Orgel der Basilika stammt aus dem Jahr 1727 und ist ebenfalls von Balthasar König. Die Orgel in St. Leodegar wurde 1923 eingreifend romantisierend umgebaut (Orgelbauer Burkart der Firma Klais, Bonn). Im Organ-Index lesen wir: „1997/98 erfolgte dann durch Hubert Fasen, Oberbettingen, eine mustergültige Renovierung und Rekonstruktion des Zustandes von 1715 unter Beibehaltung des Müller-Pedals.“ [8] Diese Einschätzung stimmt mich sehr froh, da die Firma Hubert Fasen aktuell die Renovierungsarbeiten an der Orgel Christuskirche in Köln-Dellbrück ausführt. Das Internet bietet über Youtube ein sehr schönes Beispiel: J.S. Bach: FUGA A 3 SOGGETTI - Die Kunst der Fuge – Gerd Zacher [9]. Meine Einschätzung: zum Heulen schön – 11-12 Minuten, die sich lohnen. 

Leodegar war Bischof von Autun [10] und einer der führenden Gegner des Hausmeiers Ebroin, der im weiteren Verlauf Autun belagerte. Leodegar gab sich in dessen Hände, um die Bischofsstadt zu retten. Er wurde geblendet und ihm wurde die Zunge herausgerissen (etwa 675). Dann wurde er verbannt, aber 677 ließ Ebroin den Prozess erneut aufleben, um ihn 678 oder 679 zu  enthaupten. Das Leodegarlied umfasst 40 Strophen zu 6 Versen und in ihm heißt es, daß Leodegar bei der Hinrichtung die Füße abgeschlagen wurden. Was für eine Geschichte über diesen Märtyrer, Patron der Kirche / Kloster für adelige Fräulein. 

Jetzt habe ich mich doch noch etwas hollywoodmäßig hinreißen lassen. Aber wenn es Sie jetzt erst recht reizt, die Kirche zu besuchen, dann sage ih dazu: Tolle Idee, machen Sie es. Machen Sie es bald, bevor die A1 die Landschaft zerteilt.





Links und Anmerkungen:
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Niederehe 
[2] Das Blockhaus und die Lage hatten schon ihren Charme. Es liegt direkt am Naturschutzgebiet, im Osten sind Wälder. Das Haus zeigte heftige Spuren, daß in ihm gelebt worden war. Das Grundstück war in hohem Maße vernachlässigt. Das fing direkt beim Eingangstor auf, das fast aus den Angeln fiel. Die Trittsteine waren teilweise zerbrochen. Die Treppe zum unteren Eingang war gefährlich schief. Der niedrige Holzzaun zwischen Wiese und Abhang war morsch. Eine Art Feuchtbiotop war mit Algen überwuchert. Am Abhang standen zwei Bäume, bei denen die Kronen abgesägt wurden, eine davon hing noch am Baum. Zum Nachbargrundstück nach Osten ist der Zaun (vom Nachbarn) zusammengebrochen. … Und das geht so weiter. Unter dem Grund scheint man Bergbau betrieben zu haben. Aus den Felsen ragten Moniereisen. Oberhalb des Grundstücks liegt eine ebene Fläche mit einem Fußballplatz und einem abgesperrten Bereich, wo der Boden versackt war. Zuletzt noch: die A1 wird dort bald entlangführen; mehr dazu hier: https://www.a1-lueckenschluss.de/default-7b24a12dcc-1.
[3] Wir fuhren dreimal an dem Häuschen vorbei mit den 13 Parkplätzen. Es handelte sich um den Eifelgrill. 50 qm sind nicht üppig, wenn der Rest stimmt. Meine Schwägerin Barbara hat sich 30 Sekunden in dem Häuschen aufgehalten und roch noch nach Stunden nach Frittenfett. Das sah alles nicht so gut aus, aber schließlich habe ich doch ein Haus in Diefenbach gefunden (eines der Bergdörfer, die zu Kall gehören).
[4] Da ist zunächst der Wikipedia-Artikel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Niederehe  
und dann noch:
https://www.klosterlexikon-rlp.de/eifel-ahr/uexheim-kloster-niederehe.html 
https://www.klosterlexikon-rlp.de/eifel-ahr/uexheim-kloster-niederehe/geschichtlicher-abriss.html 
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Rainald_von_Dassel 
[6] Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jh. e.V. 
https://www.glasmalerei-ev-web.de/pages/b8889/b8889.shtml 
[7] Pfarrkirche St. Johann Baptist in Kronenburg 
https://rheumatologe.blogspot.com/2022/10/pfarrkirche-st-johann-baptist-in.html   
[8] https://organindex.de/index.php?title=%C3%9Cxheim/Niederehe,_St._Leodegar 
[9] J.S. Bach: FUGA A 3 SOGGETTI - Die Kunst der Fuge – Gerd Zacher:
https://youtu.be/BD-Q5o79scM 
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Leodegar_von_Autun 

.


No comments:

Post a Comment