Monday, April 5, 2021

Altargesteck am 02.04.2021 – Karfreitag

 


Nachdem Gründonnerstag schon kühl war, muß man Karfreitag als kalt bezeichnen. Wir hatten uns im Presbyterium bereits vorher darüber verständigt, daß die Präsenzgottesdienste über die Osterzeit wegen der wieder zunehmenden Inzidenz von COVID-19 nur im Freien unter Beachtung der Hygiene-Regeln stattfinden können. Seit dem Vorabend war das Thermometer auf 7,5° C (Autothermometer) gefallen und der Wind hatte aufgefrischt; ich war froh, dass ich zusätzlich noch eine wattierte Jacke angezogen hatte.

Das Altargesteck war nur eine Rose. „Nur eine Rose als Stütze“ (Hilde Domin, die aus Köln stammte) sozusagen, denn nur diese Rose wurde als einzige Blume aus einem Strauß ausgewählt, da sie später vom Altar geräumt wurde, wie auch Bibel und Kerze - „Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen“ (Jes 42,3); doch, heute schon.

Verlassen lag er dann da, der Altar, und erinnerte an: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ [1] „Der Tag, an dem die Welt stillstand“. Das Tanzverbot, die geschlos-senen Geschäfte, die Ruhe und damit die Aufforderung zur Reflexion fällt vielen schwer, wie auch die Beschränkungen durch die Pandemie.
„And the vision that was planted in my brain / Still remains / Within the sound of silence“ heißt es im Lied von Simon & Garfunkel; und später: „I turned my collar to the cold and damp“ - genau so an diesem Karfreitag. Und die Stille erinnert an das Koan (公案) „Wie hört es sich an, wenn nur eine Hand klatscht?“ Mein Vater beantwortete die Frage noch, als er schon sehr dement war, was mich damals wunderte und freute.

Einer der Texte unseres Gottesdienstes lautete: „Er [Pilatus] aber sprach zum dritten Mal zu ihnen: Was hat denn dieser Böses getan? Ich habe keine Schuld an ihm gefunden, die den Tod verdient; darum will ich ihn züchtigen lassen und losgeben. Aber sie setzten ihm zu mit großem Geschrei und forderten, dass er gekreuzigt würde. Und ihr Geschrei nahm überhand. Und Pilatus urteilte, dass ihre Bitte erfüllt würde, und ließ den los, der wegen Aufruhr und Mord ins Gefängnis geworfen war, um welchen sie baten; aber Jesus übergab er ihrem Willen.“ [2] Und dazu paßt der Wochenspruch: "Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben." (Joh 3,16)

Im Apostolischen Glaubensbekenntnis heißt es: „hinabgestiegen in das Reich des Todes“ und deshalb ist Karfreitag der einzige Tag im Kirchenjahr, dem die liturgische Farbe Schwarz zugeordnet ist. „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsere Nacht nicht traurig sein“ heißt es in einem Weihnachtslied von Dieter Trautwein (EG 56) – doch, hier sind noch zwei Nächte, die traurig sind.




Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß auf einem Fahrrad
von Ai Weiwei (艾未未).


Links:
[1] https://www.kirchenjahr-evangelisch.de/article.php#959 und https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/LU17/PSA.22/Psalm-22
[2] https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/LU17/LUK.23/Lukas-23

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