Friday, April 9, 2021

Füller und Durchschläge





Ich habe auf der Schiefertafel schreiben gelernt. Das hatte den Effekt, daß ich später auch mehrere Durchschläge problemlos schreiben konnte. Nach der Schiefertafel – wer kennt eigentlich noch das Wort, oder Griffel? Vielleicht noch aus „nimm deine Griffel da weg“ –  kam der Füllfederhalter, nicht der Federhalter,  mit dem lernten wir später noch Schreiben, auch mit Tusche. Die Konrektorin Missoulis, unsere Lehrerin, bestand auf einem Füllfederhalter. Das Argument war: falls die Schüler vergessen sollten, den Füller aufzufüllen, können sie es in der Klasse tun. Es ist ganz anders mit Kugelschreiber oder Filzstift zu schreiben, die es damals bereits gab, aber die nach meiner Erinnerug nicht so verbreitet waren, als mit einem Füllfederhalter. Und Patronenfüllfederhalter wollte Frau Missoulis auch nicht. Nach dem Originalargument hätte man auch ein paar Patronen der damals üblichen Füllfederhalter von Geha und Pelikan bereithalten können. Aber man läd Patronen in einen Füller wie Munition in ein Gewehr. Das Aufziehen aus dem Tintenfäßchen hat andere Qualitäten. Es erfordert Geschicklichkeit und man übt sich auch in Geduld.

Mit dem Durchschlag ist es Ähnlich wie mit dem Füllfederhalter, er ist aus der Mode gekommen. Wer benutzt denn heute noch Durchschläge? Wer benutzt noch das Wort? Wer hat noch Kohle- bzw. Durchschlagspapier? In der Medizin (ist sehr traditionsverbunden) hat man es noch lange benutzt, z.B. bei der Dokumentation von Aufklärungsgesprächen. Der Durchschlag kommt von der Schreibmaschine. Man legte früher ein Blatt Kohlepapier zwischen zwei weiße Blätter und spannte den Stapel in die Schreibmaschine ein. Heute kann man so viele Originale oder Kopien ausdrucken, wie man will. Deshalb haben die Typoskripte von Arno Schmidt ihr eigenes Flair, das nicht völlig auf ein gesetztes Buch übergeht, auch wenn man etwa das gesetzte Werk (Zettel's Traum [1]) in der Zusammenarbeit von Susanne Fischer (Korrekturlesen) und Friedrich Forssman (nur in den höchsten Tönen loben kann.
Ich habe noch eine Schreibmaschine und auch noch Kohlepapier – falls der Strom wegbleiben sollte. Oder wenn ich schreiben will, ohne daß der Inhalt sich ins Netz ergießt.



Links und Literaturhinweise:
[1] https://www.arno-schmidt-stiftung.de/content/Archiv/ZettelsTraum/ZT-Beispielheft.pdf

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