Tuesday, December 12, 2023

Neue Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol

Vor einigen Tagen las ich einen Artikel in der Fachzeitschrift Die Innere Medizin mit dem Titel Neue Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol [1] und ich überlegte, ob ich die Erkenntnisse aus diesem Artikel hier zur Verfügung stellen beziehungsweise auch kommentieren sollte. Ich hatte dies zunächst verworfen, da ich dachte, daß ist so eindeutig, das müßte man nicht extra erwähnen und nun las ich grade in BDIaktuell, der Zeitschrift des Bundesverbandes deutscher Internistinnen und Internisten, im Panoramateil unter der Rubrik „auch das noch“ die Meldung „Neue deutsche Glühweinkönigin steht auf Rot“. Es handelte sich dabei um eine dpa-Meldung, die ich hier aus einem etwas ausführlicherem Artikel [2], der in einer anderen Zeitschrift erschienen ist, zitieren werde. Es ging gar nicht so sehr um die Weinkönigin, sondern es hat mich dazu bewogen, noch einmal über Alkohol nachzudenken, wie sieht es mit Alkohol in der Medizin und auch Alkohol im allgemeinen Gebrauch aus.  

In der dpa-Meldung steht: „Die neue deutsche Glühweinkönigin Louisa Kress mag es gerne klassisch rot. „Am liebsten trinke ich einen Dornfelder, mit Zimt und Nelken und mit ganz viel fruchtigen Orangen“, sagt die 30-Jährige in Trier. Daher sei sie auch im weinroten Dirndl in ihrem königlichen Amt unterwegs.“ Ja, soweit die Glühweinkönigin. Ich meine, man sollte Alkohol nicht verharmlosen und das Amt einer Weinkönigin macht gerade dies. Nebenbei bemerkt, was ist das für ein Wein, dem man Aromen und Zucker beifügen muss?

An dieser Stelle überlegte ich, wie ich in der Medizin angefangen hatte und da war es auch noch üblich, Pepsinwein auszugeben, oder sehr hinfälligen Patienten Ei mit Zucker und Alkohol, zum Beispiel Cognac oder Rotwein, darzureichen. Es gab sogar Infusionen mit Ethylalkohol zur Ernährung. Die sind aber sehr schnell abgeschafft worden. Der Alkohol wurde aus der Therapie verbannt und ich erinnere mich noch, daß ich einmal Schwierigkeiten hatte, Ethylalkohol zu bekommen, um eine Patientin mit Methylalkoholvergiftung zu therapieren. Es hat sich herausgestellt, daß die Infusion das schlechtere Mittel war, um einen gleichmäßigen Spiegel von 1,0 Promille aufrechtzuerhalten. Die beste Lösung bestand darin, der Frau regelmäßig Wein zur Verfügung zu stellen. Das war in meinem Berufsleben aber der einzige Fall, wo Ethylalkohol auch was Gutes hatte, denn es bewahrte die Frau vor Erblindung und weiteren Schäden. Nun wird man auch heute noch in medizinischen Fachzeitschriften immer wieder Artikel finden, die zum Beispiel auf das sogenannte Rotwein-Paradox hinweisen oder in denen die Meinung vertreten wird, daß Bier gar nicht so schlimm wäre, sondern auch positive Aspekte hätte. Nein, dem ist nicht so, und deshalb habe ich mich auch entschieden, den oben genannten Artikel noch einmal genauer zu lesen und die Ergebnisse hier vorzustellen.

Da es sich um einen längerer Artikel handelt, kann man ihn nicht in allen, auch wichtigen Einzelheiten wiedergeben. Aber mir scheint wichtig zu sein, daß Alkohol bei über 200 Erkrankungen einen wesentlichen Faktor darstellt. Zwischen Alkoholkonsum und Mortalität besteht eine nahezu lineare Beziehung, auch bei geringen Mengen. Bei einer Analyse von bestimmten Erkrankungen, und dazu gehörten fünf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sieben Krebserkrankungen sowie Lebererkrankungen, Pankreatitis, Diabetes mellitis und Epilepsie, fand man eine lineare Beziehung zwischen der Menge des konsumierten Alkohols und dem Erkrankung-  bzw. Verletzungsrisiko.
Die Leber von Frauen reagiert auf Alkohol wesentlich empfindlicher als die von Männern, von Kindern ganz abgesehen; daraus zu folgern, Männer dürften nun Alkohol konsumieren, wäre falsch und auch fatal. Die arterielle Hypertonie gehört mit zu in den Erkrankungen, bei denen sich schon geringe Mengen bemerkbar machen; ebenso bei Herzrhythmusstörungen. Bei Lebererkrankungen besteht ebenfalls ein direkter Zusammenhang mit Alkohol; 50% der Erkrankungen an Leberzirrhose sind durch Alkohol bedingt. Bei bestimmten Krebserkrankungen kommen neben dem Alkohol auch noch potenzierende Faktoren hinzu, wie zum Beispiel das Rauchen, also eine weitere Suchterkrankung. Es gibt bestimmte genetische Vorausbedingungen, die nochmals zu einer Potenzierung führen, die durch die Akkumulation von Acetaldehyd bedingt ist.
Der Artikel kommt zu dem Fazit, daß es keine risikofreie Alkoholmenge gibt. Man sollte, der Artikel richtet sich an ÄrztInnen, nicht mehr zu risikoarmem Konsum raten. Alkoholabstinenz ist der einzig sichere Umgang mit Alkohol. Die Schwere der Schäden durch Alkohol wird durch eine Reihe von genetischen und nicht genetischen Faktoren verändert. Hierbei sollten Hochrisikogruppen beachtet werden. Weniger Alkohol ist besser, kein Alkohol ist am besten.

Zum Abschluss noch ein kurzer Exkurs zur Stellung der christlichen Glaubens zum Alkohol. Am liebsten wird Paulus aus dem ersten Brief an Timotheus zitiert. Paulus rät Timotheus: „Trinke nicht mehr nur Wasser, sondern nimm ein wenig Wein dazu um des Magens willen und weil du oft krank bist.“ [3] Viel seltener wird Paulus aus dem Brief an die Epheser zitiert, denn dort heißt es: „Und sauft euch nicht voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen folgt, sondern lasst euch vom Geist erfüllen.“ [4]
In der evangelischen Kirche wird in verschiedenen Gemeinden diskutiert, ob man nicht ganz auf Wein verzichten und nur noch Traubensaft nehmen solle. Das wäre zwar nicht im Sinne Luthers, aber gehört sicherlich zur Prävention von Alkoholkrankheiten [5].

Wenn ich dies und den oben stehenden Artikel zusammennehme, dann ist mein Rat klar:
Kein Alkohol, egal ob beim Abendmahl oder auch sonst.


Links und Anmerkungen:
[1] Helmut K. Seitz und Ulrich John: Gesundheitsrisiko Alkohol – neue Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol. Die Innere Medizin, S.1224-1229. https://doi.org/10.1007/s00108-023-01574-2
[2] Zitat der ausführlicheren Version der dpa-Meldung: https://www.merkur.de/welt/neue-deutsche-gluehweinkoenigin-steht-auf-rot-zr-92690286.html
[3] https://www.bibleserver.com/LUT/1.Timotheus 1.Tim 5,23
[4] https://www.bibleserver.com/LUT/Epheser5 Eph. 5,18
[5] Insgesamt scheint die Ambivalenz von Bibel und Thora zum Alkohol ein sinnvolles Thema sui geeris zu sein.
PS. Ich habe von Illustrationen abgesehen. Einverstanden?!


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