Sunday, July 13, 2025

Altargesteck für den 4. Sonntag nach Trinitatis 12./13.07.2025

 


Der heutige Sonntag ist der vierte Sonntag nach dem Trinitatis-Fest [1]. Die Kernaussage betrifft, wie friedliches Zusammenleben gelingen kann. Der Wochenspruch lautet: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ [2].  

Das Evangelium und Predigttext sind identisch und der Text ist bei Lukas zu finden und handelt „Vom Umgang mit dem Nächsten“: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.“ [3] Das ist die Stelle, an der vom „Splitter in deines Bruders Auge“ die Rede ist. Im Alten Testament ist von „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ die Rede; das war auf jeden Fall eine immense Verbesserung, denn es beschränkte den Schaden. Aber das bestimmt das Verhalten das anderen das eigene Verhalten. Später folgt der Wandel zum eigenen Verhalten, das so sein soll, wie man vom anderen behandelt werden will, so daß damit das Verhalten des anderen sich ändert. Nun aber wird gefordert, sein Verhalten an der Barmherzigkeit Gottes zu orientieren. Da wir bei der Barmherzigkeit sind, nicht nur anderen gegenüber sondern auch sich selber gegenüber sollte man barmherzig sein.

Die Epistel steht im Römerbrief und mahnt uns: „Vergeltet niemandem Böses mit Bösem.“ Und: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ [4] Paulus zitiert in der kurzen Stelle gleich zweimal das Alte Testament, einmal aus dem Buch der Sprüche und einmal aus dem 5. Buch Mose: „Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.“ Das war schon vor ca. 3000 Jahren sehr tröstlich, daß wir uns nicht um Rache zu kümmern brauchen; Gott hält uns den Rücken frei für Versöhnung und Vergebung. Wir können uns in diesem Zusammenhang an die elfjährige Maria Goretti erinnern, die in der römisch-katholischen Kirche heilig gesprochen wurde. Maria wurde Opfer eines Vergewaltigungsversuchs am 05.07.1902; sie wehrte sich und der 16jährige Täter stach 14mal mit einer Ahle [5] auf sie ein. Bevor sie am 06. Juli verstarb, hatte sie dem Täter, Alessandro Serenelli, vergeben. Auch die Mutter von Maria vergab ihm, als er 26 Jahre später aus der Zwangsarbeit entlassen wurde. Marianne Bachmeier erschoß den mutmaßlichen Mörder ihrer Tochter; die Öffentlichkeit hatte eher ihr denn ihm vergeben. Alessandro Serenelli aber scheint wirklich bereut zu haben und ging als Gärtner in ein Kapuzinerkloster.

Das Altargesteck in der Versöhnungskirche war unverändert zur Vorwoche und deshalb etwas angetrocknet. Das war aber nicht so tragisch, da sich wieder nur eine sehr kleine Gemeinde um das Taufbecken geschart hatte. In Kall konnte man sich an einem sehr gelungenen Gesteck erfreuen und ich meinte, Elemente aus der japanischen Kunst des Blumensteckens zu entdecken, da Kirschlorbeer und Stechpalme benutzt wurden. Aber vielleicht kam mir das so vor, da ich gerade ein Buch über Ikebana (生け花) gelesen hatte [6].



Inspiriert vom täglichen Blumenstrauß
auf einem Fahrrad von Ai Weiwei (艾未未).

Links und Anmerkungen:
[1] https://kirchenjahr-evangelisch.de/4-sonntag-nach-trinitatis/ 
[2] Gal 6,2
[3] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/LUK.6 Lk 6,36–42 
[4] https://www.die-bibel.de/bibel/LU17/ROM.12 Röm 12,17–21 
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Maria_Goretti 
[6] Ishimoto Tatsuo: Japanische Blumenkunst. Knaurs, München 1960. 
生け花, auch いけばな geschrieben, bedeutet „lebendige Blumen“ - über diesen Begriff könnte man schon philosophieren. 

.


No comments:

Post a Comment