Immer wieder interessant - mit wie wenig Flügel so eine Hummel auskommt
Ich nahm an einem
Spaziergang zum Thema Artenvielfalt im Dorf teil. Das Dorf ist Sistig. Es
gehört zur Gemeinde Kall und liegt auf einer Höhe von über 500 Metern.
Die Führung fand
im Rahmen des LEADER-Projekts DorfBioTop statt. Jennifer Thelen,
wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektleiterin des LEADER-Projekts
DorfBioTop [1], führte 20-30 Personen durch Sistig.
Das Akronym
LEADER geht auf „Liaison entre actions de développement de l'économie rurale“
also einer Förderung der ländlichen Wirtschaft zurück. Es kann auf Fördermittel
der EU und des Landes zurückgegriffen werden.
Trittpflanzen
können in den Fugen zwischen Pflastersteinen wachsen. Sie halten
Bodenverdichtung und Tritte aus. Solche Pflanzen sahen wir auch, z.B. Thymian,
strahlenlose Kamille oder Wegerich. Was diese Pflanzen nicht aushalten sind
Abflämmen oder der Gebrauch von Salz und Chemikalien. Es ist eine merkwürdige
Vorstellung von Ästhetik, dass diese Pflanzen vernichtet werden müssen. Mir
fiel dies einmal in Punta Arena, also am anderen Ende der Welt, auf. Überall
wuchsen Trittpflanzen, nur vor einem Laden nicht. Da sah ich einen Mann, wie er
Chlorbleiche in die Fugen goss. Er tat dies aber vor dem „Casa del Plastico“. Tja,
Plastik und wilde Pflanzen zusammen passten nicht in sein Weltbild. Umso mehr
sollten wir diese Art von Bewuchs zulassen, da dadurch auch eine Vielfalt von
Insekten gefördert werden kann. Doch, wir wollen Insekten erhalten. Der NABU
berichtete erst dieses Jahr über einen dramatischen Rückgang (80%) der
Fluginsekten in Deutschland in den letzten Jahren [2]. Inseln von nicht
gemähten Wiesen sind zum Erhalt der Insekten nützlich.
Beifuss und Natternkopf siedeln sich auf freien Flächen an
Wahrscheinlich eine Pfütze wie das Tote Meer
ohne Abfluss, so dass sich dort z.B. der stinkende Storchenschnabel ansiedeln konnte
In Mauern mit
Rissen im Kalkmörtel setzen sich Pflanzen wie hier die Mauerraute, der Streifenfarn oder der
Huflattich. Übrigens zerstören diese Pflanzen nicht die Mauer, sondern sie
besetzen bereits vorhandene Schäden im Mauerwerk.
Reihenfarn in der aufgerissenen Mörtelfuge
Huflattich
Efeu bietet
Spatzen oder aber auch Fledermäusen Unterschlupf. Außerdem sorgt Efeu im Sommer
für Kühlung und isoliert im Winter. Für Fledermäuse kann man auch geeignete
Schlafplätze schaffen, z.B. in Kirchtürmen, so dass nur etwa ein bestimmtes
Areal für die Tiere zugänglich ist, sie dort aber ungestört sind.
Das schmalblättrige Weidenröschen mit seinen violetten Blüten
In Gärten kann
man sich auch dem Erhalt von alten Obstsorten widmen. Klöster haben das Obst
erst aufs Land gebracht und könnten so auch heute noch über Sorten verfügen,
die sonst verloren gegangen wären. Im nahen Heimbach existiert eine Station mit
40 historischen Sorten. Streuobstwiesen bieten ein Habitat für 3-5000 Arten von
Insekten und Tieren. Wenn regelmäßig gemäht wird, führt das zu einer Verarmung
von Nährstoffen, was dann eine Chance für Spezialisten ist, so dass dadurch die
Artenvielfalt gefördert wird.
Bäume an Straßen sind gefährdet und müssen überwacht und gestutzt werden - problematisch aber auch die Versieglung
Links Rasen und rechts Wiese auf einem
ungenutzten Grundstück
Alles in allem
ein sehr kurzweiliger und lehrreicher Spaziergang, der durch die vielen Fragen
und auch kundigen Anmerkungen länger als geplant ausfiel. Herzlichen Dank für
die nette Führung!
Ganz schön staubig, die Arbeit in den Stockrosen
Links:
Ich lese gerade noch:
ReplyDeleteInteressierte Dörfer, Vereine oder Privatinitiativen aus den Kommunen Mechernich, Bad Münstereifel, Hellenthal,
Schleiden und Dahlem können sich im Projekt „DorfBioTop“ noch für die Projektjahre 2018 und 2019 formlos unter
j.thelen@biostationeuskirchen.de
bewerben. Wichtig für die Planung und Umsetzung einer Maßnahmenidee ist ein fester Ansprechpartner vor Ort.
Kontakt:
MSc Jennifer Thelen
j.thelen(at)biostationeuskirchen.de