Michael Braun hat den LYRIK-Taschenkalender 2013 herausgegeben. 17 Dichterinnen und Dichter stellten jeweils zwei Lieblingsgedichte mit Kommentar vor. Von diesen AutorInnen wählte der Herausgeber je ein exemplarisches Gedicht aus und kommentierte es. In diesen Taschenkalender habe ich nun wieder Annotierungen und Assoziationen geschrieben. Vielleicht so ein wenig wie Daniel Spoerris: An Anecdoted Topography of Chance (1966 Something Else Press, New York / Cologne). Diese Annotationen stammen aus den Jahren 2023-2025.
11. KW
Friedrich Hölderlin: Abendphantasie
Ich erinnere mich noch daran, daß Helmut Kohl einmal gesagt hatte: „Ich war immer gut in Hölderlin“ [1].
Sanft schweben die Schatten
Im schwindenden Schein des Tages
Die Nacht macht sich auf
Wenn ich dieses Gedicht lese, hätte ich auch am Hölderlin Gymnasium [2] sein können, aber nein, neusprachlich war schon besser, und so viel Herder anstatt Hölderlin haben wir auch nicht gelesen
Der Zauber der Frühlings-/SommerAbende, wenn sich der Himmel herrisch gibt, aber die Vögel noch zwitschern; manchmal kann man es auch in der Stadt erleben, aber nur manchmal.
FrühlingsAbend
die Katze
Gleitet
Lautlos
Durch
Den
Garten
Die
Vögel
Singen
Fröhlich
Noch
Und
Der
Himmel
Wandelt
Sich
EbenSo lautLos
In
Ein FeuerWerk
„Komm du nun, sanfter Schlummer“ -: The Big Sleep erneut [3]
11. KW
Kommentar: Jean Krier
Die Jugend ist Schwärmerei, nicht unbedingt das Paradies. Friedlich und heiter ist für mich nicht Verzicht oder Resignation.
„… der Trennung … von Mensch und Natur (All)“ -: „Ich nenne es Stich ins All“ [4].
Jean Kriers Text ist schön. Aber die theoretische Betrachtung kann der Schönheit und Stimmung des Gedichts nicht gerecht werden. Das schließt mich ein.
Stachel plus Schlummer -: nicht doch -: Tod, wo ist dein Stachel?
Wir Sterblichen leben für Arbeit und Lohn
Der Aufseher Schilt uns mit Lachen und Hohn
Den Zauber des Himmels sehen wir nie
Wir liegen zum Schlaf ganz eng wie das Vieh
11. KW
Friedrich Hölderlin: Abendphantasie
Ich erinnere mich noch daran, daß Helmut Kohl einmal gesagt hatte: „Ich war immer gut in Hölderlin“ [1].
Sanft schweben die Schatten
Im schwindenden Schein des Tages
Die Nacht macht sich auf
Wenn ich dieses Gedicht lese, hätte ich auch am Hölderlin Gymnasium [2] sein können, aber nein, neusprachlich war schon besser, und so viel Herder anstatt Hölderlin haben wir auch nicht gelesen
Der Zauber der Frühlings-/SommerAbende, wenn sich der Himmel herrisch gibt, aber die Vögel noch zwitschern; manchmal kann man es auch in der Stadt erleben, aber nur manchmal.
FrühlingsAbend
die Katze
Gleitet
Lautlos
Durch
Den
Garten
Die
Vögel
Singen
Fröhlich
Noch
Und
Der
Himmel
Wandelt
Sich
EbenSo lautLos
In
Ein FeuerWerk
„Komm du nun, sanfter Schlummer“ -: The Big Sleep erneut [3]
11. KW
Kommentar: Jean Krier
Die Jugend ist Schwärmerei, nicht unbedingt das Paradies. Friedlich und heiter ist für mich nicht Verzicht oder Resignation.
„… der Trennung … von Mensch und Natur (All)“ -: „Ich nenne es Stich ins All“ [4].
Jean Kriers Text ist schön. Aber die theoretische Betrachtung kann der Schönheit und Stimmung des Gedichts nicht gerecht werden. Das schließt mich ein.
Stachel plus Schlummer -: nicht doch -: Tod, wo ist dein Stachel?
Wir Sterblichen leben für Arbeit und Lohn
Der Aufseher Schilt uns mit Lachen und Hohn
Den Zauber des Himmels sehen wir nie
Wir liegen zum Schlaf ganz eng wie das Vieh
Links und Anmerkungen:
[1] https://www.welt.de/kultur/article166145036/Helmut-Kohl-Wie-der-Kanzler-unsere-Sprache-praegte.html Sicherlich nicht das Originalzitat, denn in unserer Familie kenne ich niemanden, der Die Welt gelesen hätte und es lag nach meiner Erinnerung auch länger zurück.
[2] Das Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium [2a] liegt in Köln-Buchheim und das Städtisches Hölderlin-Gymnasium Köln [2b] in Köln-Buchheim. Prinzipiell wäre die Strecke zum Hölderlin etwas 400-500 m kürzer gewesen; ich hätte gedacht, es wäre umgekehrt! In den 1960iger Jahren waren das Herder-Gymnasium neusprachlich und das Hölderlin-Gymnasium altsprachlich ausgerichtet.
[2a] Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium
https://herder-koeln.de/
[2b] Städtisches Hölderlin-Gymnasium Köln
https://de.wikipedia.org/wiki/St%C3%A4dtisches_H%C3%B6lderlin-Gymnasium_K%C3%B6ln
[3] Tote schlafen fest (The Big Sleep) ist ein Film noir von Howard Hawks nach Raymond Chandlers Roman mit Humphrey Bogart und Lauren Bacall au dem Jahr 1946.
https://de.wikipedia.org/wiki/Tote_schlafen_fest
[4] Eine Karikatur im STERN vor langer Zeit. Man sieht einen Künster vor einer leeren Leinwand, in der ein Nagel steckt, und der Künstler kommentiert sein Werk mit: „Ich nenne es Stich ins All“.
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