Friday, May 12, 2023

K. und die HolzSchiffchen


Als K. noch ein Junge war, lebte die Familie auf dem Land. Sie bewohnten ein riesiges Haus mit Flügeln und einem weitläufigen Park, ein richtiges Anwesen, wie es in der guten alten Zeit üblich war, obwohl gut waren die Zeiten nie, jedenfalls nicht für alle Menschen. K. mußte nicht in eine Schule gehen, sondern er wurde von einen Hauslehrer unterrichtet. Und wenn er mit seinem LehrStoff fertig war, dann konnte er alle Freiheit genießen. Dann streifte K. durch den Park. Dann ging er zu dem Bach, der durch den Park floss. Oder er ging auch in die Werkstatt bei den Garagen, über denen die Bediensteten wohnten. K. bastelte dort Schiffchen aus BalsaHolz. Die Schiffchen nahm der Junge mit an den Bach und ließ sie schwimmen. Dann folgte er dem Bach, wie er die Schiffchen fortTrug. Soweit das Anwesen reichte und darüber hinaus, denn es war ihm nicht verboten – obwohl K. wusste, daß er eigentlich das Anwesen nicht verlassen sollte. Und schließlich kam der Punkt, an dem er umkehren mußte. Da ließ er die Schiffchen immer weiter treiben und blickte ihnen traurig nach. Dann kehrte K. zurück zu dem großen großen Haus. Und abends, wenn er sich schlafen legte, dann träumte er, auf so einem Schiff in ferne Länder zu reisen oder mit der EisenBahn zu fahren. Und immer hatte die Eisenbahn eine große DampfLokomotive, die dunklen Rauch ausstieß und Ruß niederRegnen ließ. Aber sie ließ auch weißen Dampf aufsteigen, wenn die DampfPfeife betätigt wurde, die sich gellend der Landschaft bemächtigte. Dann kam K. in eine größere Stadt, in eine Universitätsstadt, in der er studierte. K. schloss sich einer Verbindung an, schlug seine Mensuren, die einen nichtigen Grund hatten, trank Bier, das ihm nicht schmeckte, sang Lieder, die ihn abstießen. Aber schließlich machte K. irgendWann seinen Abschluss. In all den Jahren hatte er sein Glück gesucht und es nicht gefunden. Schließlich erging an K. der Ruf in die Hauptstadt. Und da war er nun und arbeitete. Und arbeitete. Und vergaß sein Glück. Ging weiter seiner Arbeit nach. Eines Tages aber, da ging K. an das Ufer des Stromes, der durch die Hauptstadt floss, um später in den Ozean zu münden. Wie er da so saß, da kamen all die BalsaSchiffchen an ihm vorbei gefahren, die er in der Jugend geschnitzt hatte. Und da erkannte K., daß er sein Glück nicht suchen musste, denn er hatte es längst gefunden.

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