Wednesday, December 1, 2021

Cruising während der Pandemie als Faktor der Staubildung?


Ich fahre häufiger aus der Eifel nach Köln und der Verkehr ist furchtbar geworden. Ich habe mir eingeredet, daß dafür das Hochwasser ausschlaggebend war bzw. die Folgen, was auch ein Faktor ist. Gerade wird am Kreuz Bliesheim gearbeitet und man kommt von der A1 nicht auf die A553, sondern muss an Weilerswist vorbei auf die A61 fahren und darf dann auf die A553. Die Umleitung ist aber für einen solchen Verkehr nicht ausgerichtet. Und später auf der A555 staut sich der Verkehr ebenfalls, und danach auf der A4, da auf der Rodenkirchener Brücke eine Baustelle ist, und später am Heumarer Dreieck wieder. Und die A3 zwischen Heumarer Dreieck, Kreuz Köln-Ost, Dellbrück und Leverkusen kennt jeder, der einmal den Verkehrsfunk gehört hat.

Kürzlich bin ich aus der Eifel nach Meerbusch, wo meine alte Arbeitsstelle war, gefahren und ich war 2 ¾ Stunden unterwegs. Das habe ich früher in 1 ¼ Stunden geschafft – und das ohne Geschwindigkeitsübertretung!

Fahren die Menschen vielleicht mehr mit dem Auto? Drehen eine Runde [1]? Machen eine Extratour, eine Spritztour? Oder nimmt der Autoverkehr zu, weil Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel meiden? Oder man macht etwas, was im Englischen Cruising genannt wird. Einfach nur umherfahren. Ich hatte mich mit diesem Phänomen schon einmal nach einer Reise in den Iran beschäftigt [2].

Im Iran sieht man junge Männer beim Cruising, wenn sie es sich leisten können. Benzin ist sehr günstig. Ahmadinedschad hatte die Teehäuser geschlossen, in denen hauptsächlich Männer saßen und ein paar Tees tranken und Shisha rauchten. Der Grund für die Schließung dieser Treffpunkte war, dass diese Teehäuser Höhlen der Unmoral sein sollten. Stattdessen gibt es jetzt Restaurants. Jugendliche und junge Erwachsene können sich Tee leisten, aber nicht jeden Tag essen gehen. Es gibt also keine Treffpunkte für sie. Na dann  setzen
sich vier Teens oder Twens ins Auto und reden, ohne belauscht zu werden. Dann hören sie westliche Musik, ohne von den Pasdaran (Wächter der Islamischen Revolution) belästigt zu werden. Ähnliches gilt für Frauen [3], denn sie fahren schon lange Auto und bringen nicht nur die Kinder zur Schule, sondern cruisen ebenfalls. Autofahren gibt Freiheit. Und ich denke, es ist ihnen egal, ob sie im Stau stehen oder nicht.

Aber mir ist es nicht egal! Auch wenn ich unterwegs Spanisch oder andere Sprachen lerne. Ich mag einfach keine Staus. Vielleicht wird es auch wieder weniger, wenn die Benzinpreise weiter steigen. Am 27.10.2020 zahlte ich für 1 l Diesel 0,98€ und am 17.11.2021 1,55€ - das entspricht einer Verteuerung von 58%. Und wie hatte man vor 1999 gegen eine Ökosteuer gewettert. Zielloses Hin- und Herfahren und Fahrten im Stau kosten nicht nur Nerven sondern auch Kraftstoff und Geld. Aber wahrscheinlich ist der Kraftstoff immer noch zu preiswert.

Vielleicht gelingt es aber, den Bedarf an Cruising zu vermindern, obwohl das angesichts der weiterhin katastophal hohen COVID-Inzidenz [4] mit kulturellen Veranstaltungen nicht möglich sein wird.



Links und Anmerkungen:
[1] Über Pandemie und Autofahren hat man sich schon Gedanken gemacht. https://www.auto-motor-und-sport.de/verkehr/fahrverbot-corona-massnahmen-kommentar-spritztour/
[2] https://rheumatologe.blogspot.com/2018/10/traffic-in-iran.html
[3] Hier noch ein Exkurs zu der Fatwa von Scheich Saad Al Hajari in Saudi Arabien, warum Frauen nicht Autofahren sollten: „Frauen sind nicht fahrtüchtig, weil sie nur ein Viertel des Gehirns [eines Mannes] haben.“ Aber diese ist mittlerweile selbst in Saudi Arabien überholt und Frauen dürfen jetzt auch dort ein Fahrzeug führen.
[4] Laut RKI ist liegt der Bundesdurchschnitt der Inzidenz heute bei 442,9. https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4

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